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Das Leben geht weiter

Frank war gerade 9 Jahre alt, da hat er seine geliebte Mama (durch Krebs) verloren. Das war für alle sehr schlimm, aber für Frank besonders. Naja, das Leben muss weiter gehen.

Also Frank fuhr mit seinem Fahrrad nach Westerburg zur Schule. Auf der Heimfahrt bemerkte sein Schulfreund, dass Franks Schultasche abrutschte, und rief dies Frank zu. Da drehte sich Frank während der Fahrt um und wollte seine Tasche zur Mitte ziehen. Dabei verlor er das Gleichgewicht und stürzte mit dem Fahrrad auf die Straße. Er fiel so unglücklich mit dem Kopf auf den Asphalt, dass er ins Koma fiel.

Bild 1: Der Fahrradunfall

 

Ein Rettungshubschrauber brachte ihn nach Bonn in die Universitätsklinik. Nach dem er aus dem Koma erwachte, musste er am Kopf operiert werden, da sonst Folgeschäden hätten auftreten können. Frank hatte alles gut überstanden. Er kam nach Hause und man glaubte, es wäre alles wieder okay. Lediglich wenn Frank sich aufregte, war er sofort an der Decke. Dies war man von Frank nicht gewöhnt. Er war immer ein ruhiger und lieber Junge.

 

 

Mit Musik geht alles besser

Wenn Frank sich wieder aufgeregt hatte, sagte sein Vater zu ihm: „Frank, spiele mal etwas auf deiner Orgel.“ Dann spielte Frank wie besessen und danach ging es ihm wieder gut.

Frank hatte seine Schule bis zum Abschluss weiter besucht. Danach machte er eine Lehre zum Lkw-Mechaniker, was ihm sehr viel Spaß machte. Er machte einen guten Abschluss seiner Lehre und war fortan Geselle bei seiner Firma und wollte nach München auf die Meisterschule von MAN.

Bild 2: Musik beruhigt

In schlechter Gesellschaft

Dann kam der 16. August 1998. Das Datum seines schweren Autounfalls.

Vorausgegangen war Folgendes: Ein paar Jungs, namentlich nicht bekannt (Frank kannte sie nur vom Sehen) sprachen Frank an, er solle doch bitte ihr Fahrzeug reparieren. Frank, ein gutmütiger Mensch, kam dieser Bitte nach und brachte das Auto wieder in Ordnung. Anschließend fuhren die Jungs mit diesem Auto ein Rennen. Dabei gerieten sie auf ein Bundeswehrgelände, wo sie ein Fahrzeug rammten, welches zu brennen begann. Dann musste die Feuerwehr herbei um den Autobrand zu löschen. Somit entstanden viele Kosten. Die Jungs sollten sie bezahlen. Da sagten sie bei der Polizei aus. Frank Heinz war auch dabei. Frank ging zur Polizei und erklärte den Beamten, wie es wirklich gewesen war. Er hatte zwar das Auto repariert, war aber keinen Meter damit gefahren. Nun waren diese Jungs sehr sauer auf Frank und bedrohten ihn. Dies meldete Frank der Polizei, aber solange nichts passiert war, konnte sie nichts machen.

Frank traute sich abends und zu den Wochenenden nicht mehr aus dem Haus. Er ging nur seiner Arbeit nach und abends schnell nach Hause. Nach geraumer Zeit glaubte Frank, dass sich die Wogen geglättet hätten. Wenn er dann zu seiner Freundin fuhr, versteckte er sein Auto.

Dann fuhr er am 16. August auf eine Kirmes. Da merkte Frank, dass er verfolgt wurde. Er fuhr zu einem nahe gelegenen kleinen Flugplatz. Frank war zu schnell. Hinter ihm war ein schwarzer Corsa. Frank überschlug sich. Er hatte das Verdeck offen und schlug so mit dem Kopf auf einen Felsbrocken auf. Es war der 16. August 1998. Am Tag zuvor war Flugtag und das Flugteam saß draußen und sah wie der Unfall geschah. Der schwarze Corsa war weg und Frank lag in seinem Blut.

Bild 3: Der Autounfall

Glücklicherweise war bei dem Team eine Ärztin dabei. Diese kam Frank sofort zu Hilfe, versorgte ihn so gut es eben ging und ließ ihn mit einem Rettungswagen nach Siegen in das Akut-Krankenhaus Jung-Stilling bringen. Dort wurde Frank sofort am Kopf operiert. Wir bekamen Bescheid und fuhren sofort nach Siegen. Franks Bruder Michael wurde schlecht. Er war kreidebleich und musste die Intensivstation verlassen, sonst wäre er umgefallen. Frank lag nun im Koma. Er hatte ein offenes Schädel-Hirn-Trauma. Der ganze Kopf war verwickelt. Nur seine Nase und sein Mund waren frei für die Geräte. Neben seinem Bett war ein Schrank mit mindestens 10 Spritzen, die Frank gleichzeitig zugeführt wurden. Wenn eine Spritze leer war, piepste der Apparat und es wurde eine neue Spritze eingelegt. So ging es tagelang. Frank war immer noch in Lebensgefahr. Wir konnten es uns gar nicht vorstellen. Die Schädeldecke von Frank war offen. Aber nach ein paar Tagen wurde der Turban von Frank etwas kleiner. Auch schaute jetzt ein Auge von Frank hervor. Er schaute uns an (bzw. schaute durch uns durch) und sah uns aber nicht. Aber er war warm. Wir streichelten ihn und hofften, dass er spürt, dass wir bei ihm waren. So vergingen viele lange Tage. Inzwischen waren beide Augen nicht mehr zugebunden. Frank schaute, die Augen gingen nach jeder Bewegung. Er merkte alles, konnte sich aber nicht äußern. Eine Schwester sagte: „Bringen Sie Frank Musik mit. Das hilft ihm.“ Da sagte ich: „Ich habe Musik dabei“, und zog ein Baby-Glöckchen aus der Tasche. Alle mussten lachen. Das erste Mal nach langer Zeit. Das tat allen gut. Nun fing Frank auch an sich zu bewegen. Das war doch ein riesiger Erfolg.

16.08.98 bis 20.10.98 – Jung-Stilling-Krankenhaus Siegen

Dann mit Hubschrauber nach Hattingen-Holthausen (Reha)

22.02.99 bis 04.03.99 – mit DRK (Rettungsauto Feuerwehr) wieder nach Siegen ins Jung-Stilling-Krankenhaus wieder zurück nach Holthausen

Das Wackelbett

Frank bekam ein neues Bett. Ein sogenanntes Wackelbett. Das brauchte er dringend wegen seiner Lunge, weil Frank ja ausschließlich auf dem Rücken lag und sich nicht drehen konnte. Ganz anders hingegen unser kleiner, roter Kater Pumuckl. Pumuckl schläft viel, verändert dabei aber stets seine Position. So lag Frank im Wackelbett und wir standen erst rechts und dann links am Bett. Frank war ja angebunden, denn sonst wäre er aus dem Bett gefallen. Bei uns drehte sich alles nur noch um Frank.

 

Ich selbst hatte gerade Urlaub und Franks Vater Bernd war seit Mai 1998 im Vorruhestand. So fuhren wir jeden Tag ins Krankenhaus.

 

Isolierstation

Nun haben die Ärzte festgestellt, Frank hat einen Virus. Sofort wurde Frank verlegt auf die Isolier-Station. Nun waren nur noch ein Pfleger und Bernd beim Frank. Die Ärzte schauten nur zur Tür rein und verschwanden wieder. Der Pfleger sagte: „Das ist hier zu langweilig für Frank. Auf der Intensivstation war immer etwas los. Da war Bewegung, Ärzte und Schwestern kamen und gingen wieder. Deshalb müssen wir hier für Abwechslung sorgen. Am besten mit Bewegung.“

Franks linke Seite war vollständig gelähmt. Dann haben der Pfleger und Bernd Frank im Bett aufgesetzt und haben Arme und Beine bewegt. Tag für Tag bis zum 20.10.1998. Da wurde Frank mit dem Hubschrauber nach Hattingen-Holthausen in eine Reha geflogen. Von nun an fuhr Franks Vater jeden Tag vom Westerwald nach Hattingen-Holthausen. Das liegt hinter Wuppertal, bei Bochum. Dort arbeitete er täglich weiter mit Frank, so wie er es in Siegen von dem Pfleger gelernt hatte. Die Ärzte dort sahen das gar nicht gerne, aber Bernd ließ sich nicht beirren. Er setzte Frank auf und holte ihn schon aus dem Bett in einen Rollstuhl. Aber Frank war noch im Wachkoma.

 

Viga, der beste Freund

Inzwischen wurde es Winter. Da kam Franks Bruder Michael mit Viga, unserem Hund, einem kleinen Münsterländer nach Holthausen. Wir haben Frank warm angezogen und im Rollstuhl vor das Haus gebracht. Dort kam Michael mit Viga zu Frank. Darüber freute sich Frank so sehr, dass er trotz halbseitiger Lähmung lachte. Er versuchte mit der rechten Hand Viga zu streicheln.

Bild 4: Der beste Freund

 

Er war Franks bester Freund und hat sich ebenso gefreut. Durch diesen Besuch hat es bei Frank klick gemacht und er erwachte aus dem Wachkoma. Er konnte noch nicht sprechen, aber mit Zeichensprache konnte er sich verständigen. So wurde Frank immer besser.

Mit Wackelpudding lernte er wieder zu essen. Das Trinken war schwieriger, aber mit viel Geduld und einigem Verschlucken gelang dies schließlich auch.

Was für Frank schlimm war. Die Schwestern steckten ihn mit Gurten in die Badewanne und ließen ihn allein. Bernd kam und hörte Frank schreien. Später fragten wir Frank, warum er so geschrien hat. Frank sagte, er konnte sich nicht rühren und seinen Kopf nur mit Mühe über Wasser halten. Er hatte furchtbare Angst zu ertrinken. Er schrie so lange, bis sich jemand um ihn kümmerte.

Frank wollte in den Rollstuhl. Bernd sagte zu ihm: „Frank, zuerst wird gelacht, dann helfe ich dir.“ Frank lachte und dadurch wurde er locker. Bernd half dann Frank in den Rollstuhl und das klappte dann viel leichter. Durch das Lachen war bei Frank die Verkrampfung weg und so war er viel leichter zu bewegen.

 

Wer nicht kämpft hat schon verloren

Nun machte Frank weiterhin gute Fortschritte mit den Therapeuten. Plötzlich fing Frank wieder an zu schreien und griff sich in den Mund. Bernd sagte dies der Ärztin. Er glaubte Frank hatte Zahnschmerzen. Die Ärztin wollte das nicht glauben. Franks Schreie wurden immer schlimmer, sodass die Schwestern sich ebenfalls einschalteten. Dann kam Frank ins Krankenhaus, wurde dort geröntgt und es stellte sich heraus, dass er einen vereiterten Weisheitszahn hatte. Dieser wurde gezogen und Frank war von den Schmerzen befreit. Nun wurde Frank auch selbstständiger. Frank wollte in den Rollstuhl. Sein Vater half ihm. Dann war Frank so kaputt, dass er wieder ins Bett wollte. Nun, dann half Bernd ihm wieder ins Bett. Nachdem er sich erholt hatte, wollte er wieder in den Rollstuhl und umgekehrt. So ging das tagelang. Aber irgendwie war das auch Therapie.

 

Die schöne Cafeteria

Es wurde Frühling und man konnte auch mal draußen um die Reha spazieren fahren. Das war schön. Als Belohnung gab es dann etwas zu essen oder trinken in der Cafeteria. Das hat Frank immer gefallen. Eines Tages wurde nach Frank gesucht. Er war nicht auf seinem Zimmer. Bernd war, außer Haus um etwas zu essen. Das Gebäude der Reha ist wie ein Quadrat mit einem Innenhof und in dem Innenhof befindet sich die Cafeteria. Man konnte vom Gang jeden Stockwerks runter zur Cafeteria schauen. Also Frank war verschwunden. Nach seiner Rückkehr suchte Bernd auch nach Frank und schaute runter zur Cafeteria. Und was sah er! Frank saß mit seinem Rollstuhl in der Cafeteria und trank Apfelsaft. Er hatte es wohl alleine geschafft, mit dem Fahrstuhl im Aufzug ins Erdgeschoss und in die Cafeteria zu kommen. Dort kannte man ihn schon. Er hatte dann mit dem Finger auf die Getränkekarte gezeigt, dass er einen Apfelsaft möchte, und bekam diesen auch. Sein Vater brauchte dann nur noch zu bezahlen.

 

Der Löffel

Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst!

Bild 5: Füttere mich!

 

Frank machte seinem Vater fortan immer mehr verständlich, dass er nach Hause wollte. Sein Vater sagte: „Wenn du nach Hause willst, musst du Treppen steigen können.“ Also neue Therapie – Treppen steigen. Bernd stellte auf dem Podest zwischen den Stufen einen Stuhl hin. Frank schaffte die erste Hälfte der Treppe und durfte sich auf dem Stuhl ausruhen, dann kam die zweite Hälfte der Treppe dran und Frank war oben. Frank wurde immer besser. Er konnte auch alleine essen.

Aber Frank war auch ein Schlitzohr. Eine Besucherin saß mit am Tisch und fütterte ihren Mann, welcher einen Schlaganfall hatte. Frank hielt dieser Frau auch seinen Löffel hin und die liebe Frau fütterte ihren Ehemann und auch Frank. Dann kam eine Schwester vorbei und sah dies. Da bekam die liebe Frau auch noch geschimpft, denn Frank konnte und sollte ja alleine essen. Das wusste die Frau ja nicht.

Der Schädelbasisbruch

Inzwischen konnte Frank laufen und die Treppe steigen. Draußen laufen war aber sehr anstrengend für ihn. Er bekam furchtbaren Muskelkater davon. Auf Nachfrage beim Arzt erklärte dieser: „Muskelkater hat man 3 Tage, dann ist er weg.“ Das mag bei normalen Menschen der Fall sein, aber nicht, wenn man 1 Jahr im Bett liegen musste. Eine Schwester gab uns dann einen Tipp, und zwar Aconit-Nervenöl. Bernd bestellte das Öl gleich telefonisch bei seinem Apotheker. Dieses Nervenöl lockert die erschlafften Muskeln und für Frank war es nicht mehr ganz so beschwerlich zu laufen.

Der Sommer kam und plötzlich wurde Frank apathisch. Er reagierte auf nichts mehr und machte bei den Therapien nicht mehr mit. Was ist hier los? Auf Drängen der Therapeuten wurde endlich eine CT-Untersuchung vorgenommen. Hierbei ergab sich, dass Frank noch einen Schädelbasisbruch hatte. Dies war ein senkrechter Haarriss, der sich im Laufe der Zeit erweitert hatte und durch diesen und die Atmung kamen Keime in den Kopf und Frank hatte eine Vereiterung im Kopf.

11.06.99 bis 25.07.99 – Siegen Jung-Stilling-Krankenhaus
17.01.2000 bis 14.02.2000 Reha Hattingen-Holthausen
28.02.200 bis 10.05.2000 – Godeshöhe, Bad Godesberg

Die 3. und gefährlichste Kopfoperation

Nun musste die Schädeldecke wieder runter und Frank musste erneut am Kopf operiert werden. Frank kam wieder nach Siegen ins Jung-Stilling-Krankenhaus. Dort holte man einen Spezialisten und Frank wurde 8 Stunden am Kopf operiert. Bernd war mit den Nerven total am Boden. Frank erholte sich im Krankenhaus verhältnismäßig schnell. Er konnte direkt wieder laufen. Dann war er mit seinem Vater in der Cafeteria. Frank wollte gern Eis essen.

Bild 6: Auch ein Eis für Papa

 

Das Eis gab es am Haus-Kiosk vor der Cafeteria. Bernd war so kaputt und sagte zu Frank: „Hier hast du Geld, hol‘ dir das Eis selbst.“ Frank ging freudestrahlend los und kam mit 2 Eis winkend durch die Cafeteria.

Freude ist zum Teilen da

Viele Ärzte waren zu diesem Zeitpunkt auch in der Cafeteria. Sie jubelten, als sie Frank sahen, denn sie wussten ja, was Frank hinter sich hatte. Das gab Frank wieder Auftrieb und seinem Vater noch mehr.

Nach drei Wochen durfte Frank dann das Krankenhaus verlassen. Er durfte sogar nach Hause.

Bild 7: Endlich zurück in der Heimat

 

Als Frank das Ortsschild „Kaden“ sah, jubelte er „MEINE HEIMAT!“

 

Frank hatte offensichtlich viel Heimweh, aber wenn sein Vater da war, war alles gut und Frank hat alles mitgemacht. Bernd fuhr jeden Tag mit Frank in den Wald. Dort bekam er genug Sauerstoff. Frank musste mitlaufen. Am Wegesrand waren Buchenstämme aufgesetzt. Dort machte Frank Pause. Dann ging es weiter bis zu den nächsten Baumstämmen. Jeden Tag ging der Spaziergang ein Stück weiter. Am Ende des Weges war eine Bank mit Papierkorb. Dort durfte Frank sich am Papierkorb festhalten und musste 10 Kniebeugen machen. Er machte alles mit.

Frank schleifte lange Zeit die Füße zu sehr über den Boden. Deshalb ging Bernd jetzt mit Frank quer durch den Wald. Dort musste Frank wegen den Wurzeln und kleinen Büschen die Füße besser heben und so wurde sein Gang besser. Auf dem Rückweg aus dem Wald war Frank so kaputt, dass sein Vater ihn fast zum Auto tragen musste.

 

Bitte Haxen abkratzen!

Dann kam eine Nachricht und Frank musste nochmals nach Hattingen-Holthausen in die Reha, damit die Behandlungen abgeschlossen werden konnten. Auch dort ging Bernd mit Frank in den Wald, wenn keine Therapien anstanden. Zur Belohnung bekam Frank immer ein Eis. Nach Abschluss in Hattingen-Holthausen wurde auf Empfehlung der Ärzte nochmals eine erweiterte Reha beantragt. Diese wurde genehmigt und Frank kam auf die Godeshöhe in Bad Godesberg. Dort lernte Frank wieder mit Werkstücken umzugehen, was ihm gut gelang. Frank hatte Weidekörbchen geflochten und aus Eisen hat er einen Dackel gefertigt. „Bitte Haxen abkratzen.“ Einfach KLASSE!

Bild 8: Haxen abkratzen

Frank bekam dort Ergotherapie, Logopädie, Krankengymnastik und wurde in Werken unterrichtet. Das war alles sehr gut. Nach Beendigung empfahlen uns die Ärzte: Frank müsse nach Vallendar in die Einrichtung für Jugendliche von der Hannelore-Kohl-Stiftung.

Hier machte die Krankenkasse nicht mehr mit. Dann beschlossen wir diese Reha selbst zu bezahlen.

 

28.02.2000 bis 10.05.2000 – Godeshöhe (Reha)

30.11.2000 bis 21.12.2000 – Neurologische Klinik
Vallendar

 

Haus für Jugendliche von der Hannelore-Kohl-Stiftung
Wer nicht kämpft, hat schon verloren!

In Vallendar wurde uns mitgeteilt, dass die Einrichtung nur für Jugendliche ist, welche durch die Berufsgenossenschaft finanziert wird. Selbstzahler gibt es nicht.

Bei Frank handelte es sich ja um einen privaten Unfall. Wir gingen zu einem Rechtsanwalt. Dieser erklärte uns: „Es gibt Statuten, diese darf man einsehen.“ Wenn wir sie nicht einsehen dürften, würde er dies in unserem Auftrag übernehmen. Danach stellte sich heraus: Es gibt auch Ausnahmen! Wir fuhren wieder nach Vallendar und fragten nach dem Träger des Hauses. Also die Hannelore-Kohl-Stiftung ist in Bonn. Also erklärten wir: „Wir fahren nach Bonn!“ Dies wollten die Betreiber des Hauses aber nicht so gerne und so war dann doch eine Ausnahme möglich und wir zahlten die Reha selbst.

Frank ging für ein halbes Jahr nach Vallendar. Dort hatte er neben den üblichen Therapien noch Schule sowie Computerarbeit. Hier stellte die Ärztin fest: Frank hörte nichts. „Wie soll er sprechen, wenn er sich selbst nicht hört?“ Diese Tatsache war es schon wert, dass Frank nach Vallendar kam. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte dies niemand festgestellt. Nun kam der nächste Schritt – die Ohren. Unser Hausarzt Dr. Janssen hat Frank nach Marburg an die Universitätsklinik zu Frau Prof. Dr. Berger überwiesen. Dort wurde Frank erst links und vier Wochen später am rechten Ohr operiert. Durch den Unfall war wirklich alles verschoben, doch nach der OP konnte Frank wieder sehr gut hören. Nun konnte Frank die Reha in Vallendar gut bewältigen. Wir bekamen alle Untersuchungsunterlagen und Frank ein sehr gutes Zeugnis. Ein außergewöhnliches Zeugnis.

Ausschlaggebend für die Aufnahme in Vallendar waren die Worte meines Mannes: „Was ist Haus und Hof – wenn man so ein Kind hat“

Der Aufenthalt in Vallendar war für Frank ein Riesenerfolg!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

07.01.2002 bis 28.06.2002 – Haus der Jugendlichen -Hannelore-Kohl-Stiftung in Vallendar

20.03.2002 bis 27.03.2002 – Uni-Klinik Marburg – Ohren-Operation

 

Musterung

Beinahe habe ich vergessen, es kam ein Brief vom Kreiswehrersatzamt, als Frank noch in Hattingen-Holthausen im Wachkoma war. Frank sollte zur Musterung erscheinen. Bei telefonischer Rücksprache mit dem Amt war leider nichts daran zu ändern. Frank sollte erscheinen. Man glaubte nicht, dass er in der Reha ist. Die Ärztin war auch nicht bereit ein Attest auszustellen. Nach einem Vierteljahr Aufschub fuhr Bernd mit Frank im Rollstuhl zur Musterung nach Koblenz. Sie kamen in einen Saal mit vielen jungen Männern. Da kam eine Dame angerannt und fragte: „Was wollen Sie denn hier?“ Bernd erklärte ihr dann: „Sie haben doch verlangt, dass Frank persönlich erscheint.“ Da wurden beiden in den Nebenraum beordert und der Fall war erledigt.

Frank ging es immer besser. Er begann sogar zu sprechen. Die Worte waren noch verdreht. So sagte er zu seinem Vater: „Mama“, weil er das P noch nicht aussprechen konnte.

 

Die Behinderten-Werkstatt

Dann flatterte wieder ein Brief ins Haus. Diesmal vom Arbeitsamt Montabaur. Dort haben wir dann vorgesprochen und uns wurde erklärt, Frank solle zur Arbeitsvorbereitung in eine Behinderten-Werkstatt. Nun gut, wenn man da etwas lernen kann. Frank macht ja alles mit. Aber das war keine Schule. Frank bekam einen Hammer und eine Handvoll Nägel. Nun musste er den ganzen Tag Paletten nageln. Das war sehr zermürbend und das Umfeld war auch sehr anstrengend. Frank sagte abends nur: „Muss ich morgen wieder dahin?“ Jedenfalls Frank (ein freundlicher und gut gelaunter Mensch) wurde immer stiller. Er konnte gar nicht mehr lachen. Da mussten wir etwas unternehmen. Wir hatten keinen Arbeitsvertrag. Diesen mussten wir mithilfe eines Rechtsanwaltes anfordern. Somit konnten wir ordnungsgemäß den Arbeitsvertrag kündigen. Frank war 100% schwerbeschädigt und somit zu keiner Arbeit verpflichtet. So konnten wir Frank dort rausholen. Er wäre uns dort seelisch zugrunde gegangen. Nun war Frank wieder zu Hause. Da wir noch einen Nebenbetrieb (Landwirtschaft) angemeldet haben, gibt es immer genug Arbeit bei uns. Frank hat auch gern mit Tieren zu tun.

Seine Taufpatin hat auf einen Bauernhof eingeheiratet. Dort war Frank mit seinem Vater wieder mal zu Besuch.

Da mussten die Tiere (ca. 70 Rinder) auf eine andere Weide umgetrieben werden. Frank und sein Vater halfen mit. Für Frank war es noch beschwerlich über eine Wiese zu laufen. Da bemerkte Frank den Jeep und der Schlüssel steckte auch. Da dachte Frank: „Warum soll ich eigentlich laufen?

 

Bild 10: Überraschungsfahrt

 

Er setzte sich kurzerhand in den Jeep und fuhr den Kühen und den Treibern hinterher. Als die Treiber dies bemerkten, waren alle platt. Frank konnte ja noch Auto fahren. Von Vallendar (Hannelore-Kohl-Stiftung) war uns schon bescheinigt worden, dass Frank sein Wissen von der Realschule und von seinem Beruf noch im Kopf hat und nun hat er praktisch bewiesen, dass er auch noch Auto fahren kann. So verging die Zeit und Frank überraschte uns immer wieder mit seinen Kenntnissen. Er war froh, dass er noch lebte, und schrieb seinem Vater Briefe mit hundertmal Danke für seine Hilfe.

Urlaub mit Frank

Bild 11: Ich habe Geld geholt

 

Nun wollten wir mit Frank in Urlaub fahren. Zuerst fuhren wir nach Limburg und kümmerten uns um Reiseprospekte. Plötzlich war Frank weg. Wir suchten in der Fußgängerzone. Auf einmal kam uns Frank entgegen und winkte uns mit Geldscheinen. Also Frank war in der Zwischenzeit an einem Geldautomaten und hat sich von seinem Konto Geld geholt. Also hatte er auch noch die Geheimnummer von seiner EC-Karte im Kopf. Ja, wenn wir in Urlaub fahren wollen, dann braucht Frank ja auch Taschengeld. Das war wieder ein Fortschritt.

Wir buchten später eine Busreise nach Italien zur Insel Ischia. Das war für Frank eine schöne Abwechslung nach den vielen Rehas. Nur beim Essen brauchte er noch viel Zeit. Wir waren die ersten und auch die letzten Gäste im Speisesaal. Aber alle Leute waren sehr freundlich. Besonders die Kellner. Frank bekam immer noch Obst zusätzlich. Nur ins Wasser zum Baden wollte er nicht. (Früher war Frank eine Wasserratte). Bernd und ich (beide Nichtschwimmer) mussten mit ins Schwimmbad. Dann ging er mit rein. Wir haben schöne Ausflüge gemacht. Nur die Schiffstouren hat er nicht vertragen. Dann ging es auch ohne Schiff. Wir sind viel gelaufen und kamen gut erholt nach Hause.

 

Franks Dreirad

Zu Hause kauften wir Frank ein Dreirad. Damit fuhr er oft nach Westerburg, ging einkaufen und kam immer gut gelaunt nach Hause. Eines Tages kam er sauer nach Hause, stellte das Dreirad ab und rührte es nicht mehr an. Was war passiert? Unterwegs sprach ihn jemand an: „Na, brauchst du 3 Räder? Ich habe zu Hause noch Stützräder, die könnte ich dir auch noch geben!“ Das hat Frank so sehr gekränkt, dass er nie mehr mit dem Dreirad fuhr. Wir haben es dann verschenkt.

Frank und die Notärztin

Dann kam allerdings ein Rückschlag. Im Mai 2002 hatte Frank eine leichte Erkältung, fiel plötzlich um und fiel wieder ins Koma. Wir holten den Notarzt und wollten Frank nach Siegen bringen lassen, da man ja dort die ganze Krankengeschichte von Frank kannte. Aber die Notärztin bestand auf Dernbach. Dort stand Frank im Krankenhaus mit seinem Bett auf dem Gang. Sie konnten nichts mit ihm anfangen. Franks Vater tobte. Er war außer sich. Dann wurde Frank nach Koblenz ins Brüder-Krankenhaus gebracht. Er kam sofort auf die Intensivstation. Dort hat man alles für ihn getan, denn er war in Lebensgefahr. Das Koma wurde ausgelöst durch ein Blutgerinnsel im Kopf. Die Ärzte kümmerten sich rührend um Frank. Er lag über eine Woche im Koma. Franks Vater weinte nur noch.

Zu diesem Zeitpunkt sollte unsere kirchliche Trauung sein. Frank hatte sich doch so auf die Feier gefreut. Wir sollten alles absagen, haben uns aber doch entschlossen die kirchliche Trauung durchzuführen. Der Pfarrer war enttäuscht, dass er nicht zur Feier eingeladen wurde. Dann haben wir ihm erklärt, dass es keine Feier gibt und wir umgehend nach Koblenz zu Frank in die Klinik fahren. Da war er erschrocken und hatte Verständnis. Frank war inzwischen aus dem Koma erwacht und kam auf die normale Station. Dass das Ganze so glimpflich ausging, haben wir hauptsächlich einer Ärztin im Brüder-Krankenhaus Koblenz zu verdanken, denn sie war Tag und Nacht bei Frank.

Franks Führerschein

Nun war Frank wieder zu Hause und machte schon zweimal einen Kurs für die Schwesternhelfer-Ausbildung beim DRK. Auch war er nun ehrenamtlich beim DRK tätig und hat auch einen Fachlehrgang für Betreuungsdienste absolviert. Ihm wurde so viel geholfen und so wollte auch er helfen. Bezüglich des Autofahrens hatte Frank zweimal in Koblenz beim ADAC ein Sicherheitstraining gemacht. Frank hatte ja noch seinen Führerschein, aber um sicherzugehen, waren wir in Bayern. Dort wurde Frank am Computer getestet. Außerdem hatte er noch Fahrstunden bei einer Fahrschule in Eichstätt. Dies war eine fremde Stadt, ein fremdes Auto und er musste über Kopfsteinpflaster in der Altstadt fahren. Alles mit Erfolg. Dann bekam Frank noch ein paar Fahrstunden in Montabaur und hatte nun 3 Schreiben, dass er fahren darf.

Dann hat Frank einen VW-Golf bekommen und konnte überall hinfahren. Das war ein Stück Freiheit für Frank.

 

Frank im Altenheim

 

Frank wollte gerne etwas tun. Durch die monatlichen Treffen unserer Selbsthilfegruppe wurde ihm versprochen, im Altenheim mit den alten Leuten zur Unterhaltung Spiele zu machen. (Mensch-ärgere-dich-nicht und andere Spiele) Aber Frank wurde ehrenamtlich von morgens 8:00 Uhr bis 16:00 Uhr zur Arbeit eingesetzt.

So kam Frank aber nicht weiter. Er hatte in Österreich eine Brieffreundin. Von ihr erfuhren wir ein anderes System und zwar: Bei einem Praktikum oder einer Lehre werden die Schüler ein halbes Jahr theoretisch in der Schule unterrichtet und werden danach zu einem Betrieb für den praktischen Teil überstellt. Danach kommt die Abschlussprüfung. Bei uns geht man zur Firma, macht einen Lehrvertrag. Man arbeitet sofort praktisch und hat nur an einem Tag in der Woche Berufsschule für die Theorie. Das Modell in Österreich fanden wir so gut, dass wir Frank dort auf eine Schule bringen wollten.

 

 

Bild 12: Arbeitsplan

Die Fahrt zu Maria (Österreich)

Also machten wir Urlaub in Oberbayern und von dort wollten wir zur Brieffreundin Maria in Gall-Neukirchen fahren. Also fuhren wir von Tirol durch halb Österreich in Richtung Gall-Neukirchen. Maria lebte in einem kleinen Ort. Aber da gab es keine Straßennamen, sondern nur Haus-Nummern oder Haus-Namen. Wir suchten und suchten und fanden Maria nicht. Da sagte ich: „Haltet an, dort ist eine Gaststätte, da frage ich nach.“ Gesagt, getan!. Ich stürmte mit dem Brief von Maria und meinem Regenschirm in die Gaststätte, um Leute zu suchen und zu befragen.

Rosi im Sturzflug

Was ich nicht wusste, ich öffnete die ‚Tür und suchte Leute, da gingen 3 Treppenstufen runter in die Gaststube und ich flog mit fliegenden Fahnen (also Schirm und Brief) in die Gaststube. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Ein Tisch und ein Stuhl bremsten wohl meinen Sturz, aber mein Kopf hat was abbekommen.

 

Bild 13: Sturzflug

 

Ich blutete, als wäre ich geschlachtet worden. Die Wirtin stürzte herbei und einige Gäste. Sie wollten einen Arzt holen. Ich sagte: “nicht nötig, ich wollte nur wissen, wo Maria wohnt.“ Man versorgte mich mit Servietten und erklärte mir den Weg zu Maria. Dann kam Bernd und fragte: “Was ist denn mit dir passiert?“ Nicht so schlimm, sagte ich, aber so fahre ich nicht zu Maria. Also fuhren wir zurück nach Oberbayern. Ich hatte Glück, meine Wunde heilte sehr gut. Nur meine Kleidung war sehr verschmutzt und musste in die Reinigung. Gut, dann haben wir die Fahrt nochmals unternommen und haben Maria gefunden. Sie führte uns auch zur Schule. Aber diese wurde renoviert und die Schüler in andere Städte bzw. andere Schulen ausgelagert. Also blieb es nur bei einem Ausflug.

Aber die Tätigkeit im Altenheim  haben wir dann aufgekündigt. Wir wollten ja weiterkommen.

Frank beim Bau der Halle

Bild 14: Bauarbeiten

 

Zu Hause haben wir für unsere Landwirtschaft eine neue Halle gebaut. Hier hat Frank sehr viel mitgearbeitet und zwar:

Frank fuhr den Traktor IHC 633 mit Frontlader zur Baustelle und brachte die Bütte mit dem fertigen Beton auf das Baugerüst. Genauso brachte er die Hohlblocksteine zum Weitermauern ebenfalls mit dem Frontlader auf das Baugerüst. Frank war sehr fleißig und zuverlässig. Die Halle war schnell fertig. Frank wollte ja immer etwas tun. So haben wir wieder ein Altenheim gefunden, für eine ehrenamtliche Tätigkeit.

 

Frank bei der DAA

Frank möchte einer geregelten Arbeit nachgehen. Da haben wir gesucht und gefunden, nämlich die DAA. Das heißt Deutsche Angestellten Akademie. Hier werden Leute für einen Beruf ausgebildet. Hier haben wir eine kleine Wohnung bzw. Zimmer gesucht. Das war aber in Betzdorf nicht möglich. So haben wir Frank in Herdorf in einer Pension untergebracht. Wir haben dann in Betzdorf die Schule für die Ausbildung als Altenpflege-Assistent gebucht und selbst bezahlt. Frank fuhr dann täglich von Herdorf nach Betzdorf zur DAA und hat die Schulung auch mit Erfolg abgeschlossen. Nun könnte Frank als Altenpflege-Assistent arbeiten, aber er hat eine kleine Rente und diese wäre dann weg. Diese Sicherheit konnten wir Frank nicht nehmen.

 

27.10.2008 bis 03.04.2009 – Ausbildung bei der DAA zu Altenpflegeassistenten

Frank und Rosi basteln im Altenheim

Bild 15: Basteln im Altenheim

 

Wir haben ein Altenheim gefunden. Dies war auch 40 km von Kaden entfernt. Hier waren Frank und ich 1 x in der Woche zum Basteln mit den alten Leuten anwesend.

Für Valentinstag gab es rote Herzen, für Fasching haben wir Luftballons aufgeblasen und für die Geburtstage haben wir Glückwunschkarten gebastelt. Dann gab es im Sommer ein Fest in Hof und Garten. Hier haben wir unsere Bastelarbeiten zum Kauf angeboten. Der Ertrag kam dann auch den alten Leuten zugute. Auch halfen wir bei der Dekoration für Weihnachten oder mit Blumen zum Frühling. Das hat uns und den Bewohnern des Altenheimes viel Spaß gemacht.

Rosi und die Brennnesseln

Frank war ein sehr guter Autofahrer. Er fuhr immer zu dem Altenheim, durch einen kleinen Wald. Ich sagte: „Frank halte mal an. Ich möchte für Ostern ein paar Zweige für den Osterstrauß mitnehmen“. Gut ich ging zu den Sträuchern mit dem ersten Grün. Plötzlich schrie ich auf. Was war los? Meine Füße brannten, da merkte ich, dass ich in den Brennnesseln stand. Frank hatte wieder was zum Lachen. Immer wenn wir an dieser Stelle vorbeifuhren, fragte er mich: „Na, willst du wieder in die Brennnesseln?

Bild 16: Brennnesseln

Rund um den Münchener Hauptbahnhof

Frank hatte nur noch ein Handicap (er konnte sich wieder normal bewegen und laufen) und das war die Sprache. Er war in Lindlar in einer Sprachreha. Dort stellte man fest, dass Frank durch den Unfall einen gotischen Gaumen hat. Das heißt: Das Gaumensegel schließt nicht ganz, sodass noch viel Luft entweicht und dadurch die Sprache beeinträchtigt wird. Um dies zu verbessern, riet man uns in München-Bogenhausen bei Dr. Vogel eine Gaumensegel-Prothese anfertigen zu lassen. Wir machten erst mal einen Untersuchungstermin. Vom Westerwald nach München und zurück sind es 1000 km. Das war zu viel zum Fahren. Also beschlossen wir mit der Deutschen Bundesbahn zu fahren. Das sollte 400,- € kosten. Das war zu teuer. Wir fragten im Reisebüro nach einem Wochenendticket. Das war okay, nämlich kostete es nur 200,- €. Also fuhren wir von Limburg um 20 Uhr ab und waren nachts um 1 Uhr in München. Dort besorgten wir uns etwas zu Essen und Trinken und begaben uns zum Warteraum. Dort war es aber so unpersönlich. Harte Holzbänke, schlechte Luft und schnarchende Mitmenschen. Also raus und kauften uns eine Tageskarte für 3 Personen und suchten eine Haltestelle auf. Da kam tatsächlich eine Straßenbahn. Wir waren froh, denn es regnete auch noch. Also stiegen wir ein und fuhren los. Dann bemerkten wir, dass wir da anhielten, wo wir losgefahren sind. Also war dies eine Bahn, welche immer nur rund um den Hauptbahnhof fuhr – auch gut! Wir waren im Warmen und Trockenen und hatten bequeme und gepolsterte Plätze. So fuhren wir die ganze Nacht um den Münchner Hauptbahnhof. Am frühen Morgen nahmen wir den Termin bei Dr. Vogel wahr und konnten pünktlich um 12 Uhr die Heimreise antreten.

Also es war möglich die Gaumensegel-Prothese für Frank anzufertigen. Wir mussten wieder nach München für eine Woche. Ein 3-Bett-Zimmer sollte 1.000,- € kosten. Dann sind wir nach Holzkirchen gefahren. Dort zahlten wir 25,- € pro Person mit Frühstück. Stündlich fuhr die BOB (Bayrische Oberland-Bahn) in 20 Minuten nach München. Danach war Frank nochmals in Lindlar in dem logopädischen Zentrum. Er musste lernen mit der Gaumensegel-Prothese zu sprechen. Also wer Frank verstehen wollte, der hat ihn auch verstanden, auch ohne die Prothese, denn diese war sehr groß und dazu kam der Würge-Reflex und das war schon sehr gewöhnungsbedürftig.

 

22.04.2009 –Hauptbahnhof München

Die Dame mit dem Cello

Frank musste nochmals nach München zum Anpassen der Gaumensegel-Prothese. Da beschloss ich, dass Frank und ich mit dem ICE nach München fahren.

Also in Limburg bestiegen wir den ICE. Ich hatte unseren Koffer neben mir und dadurch war es ein wenig eng. Visasvis waren 2 Plätze frei. Das sagte ich zu Frank, „setze dich doch bitte da drüben hin. Da hast du Platz und ich auch wegen dem Koffer.“ Frank war ein lieber Junge. Er setzte sich sofort drüben hin und uns beiden ging es gut, bis Würzburg. Der Zug hielt an und eine ältere Dame mit Cello kam, betrat den Großraumwagen und setzte sich neben mich. Jetzt war es doppelt eng. Die Dame war sehr nett und ich habe mich gut mit ihr unterhalten. Drüben saß Frank und feixte. Er konnte sich das Lachen kaum verkneifen. Er dachte bestimmt, das hast du nun davon, jetzt ist es richtig eng. Wir haben die Fahrt trotzdem gut überstanden.

Also wir wohnten wieder in Holzkirchen in der kleinen Pension und fuhren täglich mit der BOB (Bayrische Oberland-Bahn) nach München und nahmen dort die Termine bei Dr. Vogel in Bogenhausen in der Klinik und dem Zahnarzt Dr. Salzmann in Schwabing wahr. Leider hatten wir etwas Pech mit dem Wetter, es regnete täglich. Nun mussten wir den Schirm und die Tasche mit Essen und Trinken tragen und täglich treppauf und treppab marschieren. Da war mir gar nicht gut. Wir gingen früh schlafen. In der Nacht wurde ich wach vor Schmerzen. Ich musste mich übergeben und wenn  ich mich legte waren die Schmerzen noch schlimmer.  Also wanderte ich die ganze Nacht umher. Am Morgen, als Frank erwachte, sagte ich ihm, was los war und dass ich einen Notarzt bräuchte. Wir sagten unserer Wirtin Bescheid. Diese holte aber ihren Hausarzt. Da bekam ich eine Spritze und was nun? Ich sagte: „Ich will in die Klinik Bogenhausen, wo Frank auch hin muss.“ Ok, der Arzt schrieb mir eine Einweisung „und wie kommen Sie hin?“ „Mit der BOB.“, sagte ich „Frank ist ja bei mir.“ Ich packte schnell meine Tasche, rief den Bernd an und unsere Wirtin fuhr uns zum Bahnhof. Frank trug meine Tasche und wir kamen gut im Krankenhaus an. Nun trennten sich unsere Wege.

Frank ging zu Dr. Vogel und ich zur Notaufnahme. Also ich hatte eine Gallenkolik. Durch das viele treppauf, treppab ist bei mir ein Gallenstein in Bewegung gekommen. Nun machte ich alle Untersuchungen durch. Ich wurde zur Operation vorbereitet. Endlich hatte ich mein Zimmer bekommen, da klopfte es an der Tür und Bernd kam herein. Wie hast du das so schnell geschafft, hierher zu kommen?“ Bernd hat einem Freund den Schlüssel vom Haus gegeben und ist sofort losgefahren. Dann klopfte es wieder an der Tür und Frank kam rein. Das war ja wunderbar. Nun konnte mir nichts mehr passieren. Ich war ja nicht alleine. Dann klopfte es wieder und ich wurde abgeholt zur Operation. Es ging alles sehr gut. Ich wurde von einem großen Stein und der Gallenblase befreit und nach 4 Tagen konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Der Arzt sagte noch beim Abschied: „Sie können wieder kommen, haben sie denn noch ihren Blinddarm?“ Naja den hab‘ ich noch und will ihn auch behalten. Frank hat in der Zwischenzeit seine Gaumensegel-Prothese bekommen und wir konnten alle 3 wieder nach Hause fahren.

Danach war Frank nochmals in Lindlar in dem logopädischen Zentrum. Er musste lernen, mit der Gaumensegel-Prothese zu sprechen. Also wer Frank verstehen wollte, der hat ihn auch verstanden, auch ohne die Prothese, denn diese war sehr groß und dazu kam der Würge-Effekt und das war schon sehr gewöhnungsbedürftig.

Bild 17 Die Dame mit dem Cello

Franks Rucksack

Frank bekam von der Hannelore-Kohl-Stiftung eine Einladung zum Wochenend-Seminar nach Zinnowitz (Usedom). Das war sehr weit. Deshalb fuhren wir mit dem ICE und hatten 3 reservierte Plätze mit Tischen. Bei der letzten Haltestelle kam eine junge Frau und behauptete, der 4. Platz am Fenster wäre ihr Platz. Sie hatte eine Art Korb-Tasche bei sich und hatte einen Hut auf. Man konnte nicht erkennen, war sie blond oder dunkelhaarig. Ansonsten war sie sehr freizügig gekleidet. Frank überließ ihr seinen Fensterplatz. Sie schob ihre Korb-Tasche sehr umständlich unter ihren Sitz. Wahrscheinlich hatte diese Tasche keinen Boden und ließ sich gut über andere Sachen stülpen. Also wir hatten ja keine Ahnung und gingen nochmals um was trinken ins Bordrestaurant. Als wir zurückkamen war die Dame weg und Franks Rucksack, welcher unter dem Tisch stand, war auch weg. Wir meldeten dies dem Zugbegleiter von der deutschen Bundesbahn. Dieser nahm den Verlust auf und sagte uns. „Dies kommt hier öfters vor“. Zum Glück waren nur die Hausschuhe und Schlafanzug sowie Waschutensilien im Rucksack. Da war die junge Dame sicher sehr enttäuscht. Frank hat später einen Brief von der deutschen Bundesbahn erhalten. Sein Rucksack wurde auf einer Toilette im Zug wiedergefunden. Inzwischen wurde er in Köln im Depot für Fundsachen gelagert und nach Zahlung einer Gebühr hat Frank seinen schönen Rucksack (ohne Inhalt) wieder bekommen.

 

 

Wir waren eine Erfahrung reicher. Gepäck immer unter Aufsicht lassen und überall mitnehmen.

Bild 18: Der verschwundene Rucksack

 

 

Café Vogelhaus in Montabaur

Ansonsten ging das Leben weiter und Frank suchte eine Aufgabe. Praktikum war nicht möglich, denn dann war seine Rente weg. Durch die Kreisverwaltung haben wir erfahren, dass es Dorfläden gibt, die ehrenamtliche Leute suchen bzw. in Westerburg wäre ein Café, welches auch Leute sucht. Wir waren da, aber das Café war zu klein und Leute hatten sie schon.

Dann haben wir in Montabaur gesucht und haben das Café Vogelhaus gefunden. Wir sprachen mit Herrn Bender von der Arbeiterwohlfahrt und dieser sagte uns zu. Am nächsten Tag konnte Frank schon anfangen. Franks Dienst begann um 13 Uhr und endete um 18 Uhr. Dann wurde noch geputzt und dann war Feierabend. Frank hatte sich gut eingearbeitet. Er half in der Küche, an der Theke und ging auch schon mal einkaufen, wenn etwas fehlte. Nun hatte er eine Aufgabe und war unter jungen Leuten. Frank war glücklich!

 

 

 

Leider hat Frank einen epileptischen Anfall bekommen in der Nacht und ist dadurch erstickt. Als wir ihn fanden, holten wir den Notarzt. Wir dachten, Frank muss ins Krankenhaus. Da sagte uns der Arzt: „Frank ist ja schon tot.“ Wir waren so erschüttert und wollten es nicht glauben. Heute wissen wir, Frank ist bei seiner Mutter, die er mit 9 Jahren verloren hat. Wir wissen: Frank geht es gut!

 

„Ich gehe zu denen, die mich liebten und warte auf die, die mich lieben.“

Bild 19 Frank mit Rote-Kreuz-Kleidung

Nachsatz

So weit sind wir gekommen mit Frank. Dank der ärztlichen Kunst und der Hilfe von guten Menschen (bzw. Engeln).

 

Wir möchten hiermit allen Betroffenen Mut machen. Bitte nicht aufgeben und immer weiter kämpfen, es lohnt sich immer!

 

Somit möchte ich schließen mit den Worten von Hermann Hesse:

 

Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden!

 

Ihre Rosemarie Heinz (Mutter)

 

 

Danksagung

 

Wir möchten allen Helfern und Freunden Dank sagen und zwar:

 

Dr. Janine Düber

Dr. Hase und das Team vom Jung-Stilling-Krankenhaus Siegen

Hausarzt Dr. Johannes Janssen

Dr. Amend von der Reha Hattingen-Holthausen

Herrn Lehmler vom Haus für Jugendliche in Vallendar,

Dr. Haaf in Ulmen,

den Barmherzigen Brüdern im Ignatius-Lötschert-Haus, Horbach,

Herrn Oliver Talke vom DRK,

Herrn Bender von der AWO Montabaur

und  vor allem

Frau Anita Velten, welche hauptsächlich zum Gelingen dieses kleinen Buches beigetragen hat.

 

Wir wünschen Allen viel Glück und Gottes Segen